In einem Schreiben von 24 Logistikorganisationen und Bahnverbänden an Bundesverkehrsminister Dobrindt und EU-Kommissarin Bulc wird auf immensen Schaden verwiesen, den die Bahnlogistik durch die Rheintal-sperrung erfahren hat. Die Rheintalbahn ist die Hauptstrecke für den Kombinierten Verkehr in Europa. Rund 50 Prozent des Warenaustauschs zwischen Nordeuropa und Italien via Schweiz erfolgt normalerweise im Kombinierten Verkehr über diese Achse. Für dieses mengenmäßig stärkste Segment erreicht der Umleitungsverkehr weniger als 15 Prozent des Normalvolumens.

Was sind die Folgen?

Das System der europäischen Bahnlogistik steht vor dem Kollaps. Die Umschlagterminals des Kombinierten Verkehrs entlang des Korridors Rhein-Alpen sind mit Containern überfüllt und haben Annahmestopps für Ladebehälter verhängt. Betrieben nördlich und südlich der Alpen sind bereits in bedrohlichem Ausmaß von Lieferausfällen und Produktionsstopps betroffen. Es entstehen volkswirtschaftlich Schäden in Milliardenhöhe. Ein Teil der Bahnverkehre wird nun auf die Straße umsteigen.

Wie konnte es dazu kommen?

Auf wichtigen Güterverkehrskorridoren gibt es nicht genügend Umleitungsstrecken, die bereits als Redundanz geplant sind und bei Verkehrsunterbrüchen sofort benutzt werden können. Eine länderübergreifende Korridorsicht bei der Infrastrukturplanung und -bewirtschaftung ist weiterhin nur in Ansätzen erkennbar.

Es gibt keine internationale Koordination von Baumaßnahmen. Ausweich- und Umfahrungsstrecken waren während der bekanntermaßen riskanten Untertunnelung in Rastatt ebenfalls wegen Baumaßnahmen ganz oder teilweise geschlossen.

Nationale bahntechnische Besonderheiten erschweren ein Ausweichen auf Strecken in anderen Ländern. Es gibt keine Struktur für ein internationales Krisenmanagement im Schienengüterverkehr. Die tagesaktuell erforderliche Koordination verläuft äußerst langsam und ineffizient.

Was muss nun kurzfristig passieren?

Es sind folgende Massnahmen erforderlich:

  1. Einsetzung einer Task Force auf Minister- beziehungsweise EU-Ebene mit Krisenkompetenz, unter Einbezug der Netzbetreiber.
  2. Kollegiale Unterstützung der staatlichen Bahnunternehmen bei der kurzfristigen Verstärkung des Lokführerpools auf den Umleitungsstrecken via Brenner, Frankreich, Raum Stuttgart/Singen/Schaffhausen durch Freistellungen für den Güterverkehr – damit kann innerhalb von 2-3 Tagen die Umfahrungskapazität von heute 25 Prozent auf 50-60 Prozent erhöht werden.
  3. Vereinfachte Betriebsverfahren auf den Umleitungsstrecken unter Einbezug der ERA EU Agency for Railways.
  4. Prüfung von außerordentlichen, temporären Maßnahmen zur Unterstützung der Güterverkehrsunternehmen, die durch das Rastatt-Desaster direkt betroffen sind und finanziell vor dem Aus stehen.
  5. Einsetzen einer Sonderkommission zur zeitnahen Aufarbeitung dieser mit Abstand größten und folgenreichsten Vollsperre des Schienengüterverkehrs der letzten Jahrzehnte, inklusive Notfallpläne, Baustellenmanagement, Priorisierung der Verkehre.